Bereits zum 4.Mal findet die 24h Trophy in Oberstaufen statt und wie auch die letzten drei Male zweifle ich an mir selber…
bin ich wirklich fit genug und schaffe 59km und 3050Hm idelaerweise in 24h???
Zweifel habe ich gewaltige und die werden auch nicht weniger als ich das Roadbook lese…
1. ist es eine komplett neue Route und 2. steht da: technisch fordernde Tour für konditionsstarke Wanderer!
Genau zu dieser Zielgruppe zähle ich mich natürlich…hahahaha!
Mein intensives Training beschränkt sich auf „Hotelgänge rauf und runter wandern“ und meine wenigen Bergtouren zu denen ich Zeit finde…das war’s!
Deshalb melde ich mich völlig untrainiert eine Woche vor Anmeldeschluß an.
Außerdem kommt natürlich Urs-mein Wanderfreund und Marianne-eine Arbeitskollegin mit.
Die Tage davor verbringe ich mit Wetterbericht schauen und egal welchen ich studiere…es bleibt schlecht Wetter gemeldet für Samstag und Sonntag.
Also marschiere ich am Morgen des 21.7.2018 „untrainiert“ un d genau so unmotiviert mit meinem Rucksack gefüllt mit jeder Menge Regenklamotten in Richtung Staufner Kupark. Ich sehe viele bekannte Gesichter und freue mich auf Marianne und Urs.
Schnell noch das Starterpaket abholen, mich mit Getränken eindecken, einen Riegel reinstopfen und schon gehen die 12h Wanderer los.
Es werden letzte Fotos geschossen…wer weiß wie wir nach 24h ausschauen…und schon geht’s auch bei uns los!
Das Band wird durchschnitten und bei leichtem Regen machen sich ca.110 total verrückte Teilnehmer auf den Weg!
Vorne weg läuft Eddy-der Tourenguide und hinten nach Thomas-der Lumpensammler. Er hat die Aufgabe alles was liegen bleibt einzusammeln und mitzunehmen bzw. so zu bequatschen das derjenige von ganz alleine weiterläuft…
Anfangs laufen alle zügig und hochmotiviert, es wir viel geredet und gelacht und die Stimmung ist super!
So wandern wir durch den Rainwald runter nach Weißach und machen uns dann an den Aufstieg nach Buchenegg. Es scheint zwar keine Sonne aber es ist gnadenlos schwül und ich schwitze wie eine S..!
In Buchenegg geht’s vorbei an Seppl’s Gartenwirtschaft und gemütlich schlängelt sich der Wanderweg in Richtung Buchenegger Wasserfälle.
Alle sind fasziniert von diesem Naturschauspiel…natürlich wird auch das eine oder andere Foto gemacht und nun beginnt der Aufstieg in Richtung Steibis. Oben angekommen, über den Tarzansteg überqueren wir die Weißach und wandern an dieser entlang bis zur Hochgratbahn-Talstation. Dort erwartet uns die erste Versorgungsstation. Ich habe ein leichtes Hüngerlein und freue mich auf die Snacks.
Wie gesagt, es gibt Snacks…!
Das richtige Mittagessen erwartet uns an der Bergstation der Hochgratbahn und diese ist über einen relativ steilen Anstieg in 2h zu erreichen. Ein bisschen kränken tut es mich schon, aber ich zeige natürlich keine Schwäche und mache mich an den Aufstieg.
Gefühlt alle -auch Marianne- ziehen an mir vorbei und ich hänge irgendwie hinten nach. Es ist wahnsinnig schwül, ich schwitze brutal, habe Durst wie Sau, kämpfe mit meinem inneren Schweinehund und es motiviert mich überhaupt nicht das ich am „eigenen Hausberg“ der letzte „Lahm-Arsch“ bin…
Nach 2h und 5min erreiche auch ich die Bergstation und zumindest für’s Foto lächle ich(gequält)!
Es gibt Linseneintopf zum Mittagessen und eine Cola für meinen Kreislauf. Die Pause tut richtig gut und ich kann mich etwas von den Strapazen erholen. Ganz bewusst ist die Mittagspause relativ knapp gehalten um das „gute Wetter“ auszunutzen. Nach kurzen Anweisungen von Eddy geht es zügig in Richtung Hochgrat Gipfelkreuz. Andrea Presser kommt unterstützend als 3.Guide dazu.
Nach dem obligatorischen Erinnerungsfoto auf 1834m geht’s etwas gemütlicher an den sich langziehenden Abstieg in die Brunnenauscharte. Nach einem relativ angenehmen Anstieg erreichen wir die zweithöchste Erhebung der Nagelfluhkette-das Rindalphorn auf 1821m.
Wir folgen einer engen Geröll-und Grasgasse hinunter in die Gündlesscharte und spätestens hier wird jedem klar warum es wichtig ist gutes Schuhwerk zu tragen. Es ist sehr nass und rutschig und das ständige aufpassen das man nicht plötzlich auf der Nase landet ist sehr anstrengend.
Unten angekommen sammeln sich alle Wanderer und verschiedene Gruppen werden gebildet: Die Schnellen wandern mit Eddy die komplette Nagelfluhkette, die gemütlicheren mit Andrea und Thomas zur Rindalpe und über’s Ehrenschwangertal zur Mittelberg-Alpe und von dort zum Abendessen…und wir drei?
Ja, wir brauchen mal wieder etwas länger bis wir unsere Pro und Contra Liste durch haben und beschließen dann der schnellen Gruppe über die Nagelfluhkette zu folgen.
Auf einem schmalen Grat geht es „brutal“ nach oben zum Gündleskopf. Übrigens die Scharte zum Gündleskopf ist die tiefste zwischen zwei benachbarten Bergen…und ich überlege mir wie schön es jetzt wohl die gemütliche Gruppe hat. Oben angekommen machen wir eine kurze Rast und zügig geht’s dann auf dem etwas sanfteren Weg zum beeindruckenden knapp über 1770m hohen Buralpkopf.
Ein Blick zurück verheißt überhaupt nichts Gutes…Urs treibt uns an, wir sollen schneller laufen, es kommt zum regnen! Ich kann nicht schneller…denke ich, es kommt sowieso früher oder später zum regnen…OK, jetzt! Schnell die Regenklamotten aus dem Rucksack raus und schon beginnt ein Platzregen der Extraklasse…und weil das ja nicht reicht beginnt es auch noch zu stürmen. Wir kämpfen uns irgenwie weiter bis zum Wegweiser „Alpe Gund“. Ich bin wie immer die Letzte und frage mich was denn Urs da treibt…!?!? Er klettert über einen Zaun und macht komische Verrenkungen im Wind…
Völlig deprimiert berichtet er mir vom Verlust seines nigelnagelneuen 20€ teuren Hutes, der nicht mal ein Tag alt war. Wir haben leider keine Zeit für Trauer und machen uns mittlerweile patschnass an den Abstieg zur Alpe Gund. Eigentlich wollten wir hier nur nach dem Weg fragen…aber beim Blick in die Hütte sehen wir einen Teil der schnellen Gruppe und die sitzen bei Kaffee und Kuchen…es ist sowieso schon nach 16 Uhr und deshalb höchste Zeit für Kaffee(und Bier für Urs!)
Die Überwindung die warme Hütte nach der Stärkung wieder zu verlassen ist groß. Meine Klamotten sind naß, mich friert’s und Lust habe ich auch keine mehr…nützt nix, wir müssen weiter!
Durch’s Steigbachtal geht’s(gefühlt stundenlang!) nach unten und ich frage mich ob der Weg jemals endet…endlich erreichen wir den Wegweiser zur Mittelstation der Mittagbahn und erreichen diese in 35min.
Eine warme Hütte, trockene Klamotten, Geschnetzeltes mit Reis und ein Radler…mir geht’s erstmal wieder super!
Die Wärme setzt dem einen oder anderen zu und allgemeines „durchhängen“ macht sich b reit. Erste Wanderer müssen motiviert werden das sie nicht abbrechen und auch die Kondition lässt spürbar nach. Nach 1h Pause ist alles vergessen und jeder freut sich bewaffnet mit einer Stirnlampe auf dem Kopf auf den Abstieg.
Mittlerweile ist es dunkel und wir wandern wieder über’s Steigbachtal runter zur Mittagbahn-Talstation und weiter am Höhenweg entlang bis zum Alpsee. Der Höhenweg schlängelt sich durch den Wald gemütlich dahin und ich bin erstaunlich wach…bis jetzt habe ich bei jeder 24h Wanderung dermaßen mit dem Schlaf gekämpft das ich diesmal ein RedBull mittrage…noch ist kein Bedarf! Ich bin aber auch echt abgelenkt…ständig huscht irgendwo am Boden ein schwarzer Salamander vorbei. Es sind so viele das ich irgenwann mit zählen aufhöre!
Kurz vor der Pause direkt am Alpsee beginnt es zu tröpfeln und später dann auch leicht zu regnen. Es gibt leckeren Kuchen und Kaffee. Die Stimmung ist trotz des Wetters recht gut…
Steil bergauf führt uns jetzt der Weg nach Zaumberg und von dort etwas gemütlicher über die Siedelalpe zum Alpseeblick. Alpsee sehen wir zwar keinen, weil mittlerweile regnet es nicht nur sondern es ist auch noch neblig. Ich bin ständig damit beschäftigt den Weg zu suchen…! Außerdem habe ich wegen meiner nassen Bergschuhe jede Menge Blasen an den Füßen und die werden langsam aber sicher unbequem…
Durch den Regen ist der Weg aufgeweicht und sehr rutschig, aber irgendwann passieren wir die Salmaser Höhe und erreichen über einen längeren Teerstraßen-Abstieg oberhalb von Kalzhofen die Alpe Mohr.
Hier gibt’s Frühstück und Anne-die Hüttenwirtin freut sich üb er einige wenige einheimische Gesichter. Ganz bewusst frühstücke ich im Freien…Wärme wäre in meinem momentanen „Müdigkeitsstadium“ nicht gut!
Nun folgt noch der Abstieg nach Kalzhofen. Ein kleiner „Schlänkerer“ über Buflings und wir erreichen Oberstaufen.
Hier werden wir pünktlich um 8Uhr morgens sehnlichst von sämtlichen Angehörigen und neugierigen Zaungästen erwartet!
Sichtlich müde, aber unglaublich stolz überschreite ich nach 59km, 3000hm, 24h in den Knochen und jeder Menge Blasen an den Füßen zusammen mit Marianne und Urs die Ziellinie…! Unglaublich: Wir haben es geschafft!
Eddy freut sich mit jedem einzelnen der ins Ziel gekommen ist und hat auch für jeden ein lobendes Wort übrig!
Alle machen sich über’s Finisher Frühstück her bestehend aus Wienerle und Brezel. Aufgeregt wir das Erlebte erzählt und ich glaube alle freuen sich auf trockene Klamotten. Es folgen Umarmungen von „Weggefährten“, Erinnerungsfotos werden geschoßen und währenddessen werden Namen aufgerufen die ihre Finisher-Urkunde abholen dürfen…und das wird von allen lauthals gefeiert.
Diese Momente sind jedesmal wieder sehr emotional. Ich habe selten soviel Freude und Stolz in den Augen anderer gesehne und genau das ist für mich der Grund wieso ich jedes Jahr auf’s Neue wieder „24h wandere“, mich von anderen als verrückt hinstellen lasse, mir doofe Sprüche „gerne“ anhöre und mich trotzdem schon jetzt auf 2019 freue…(ok, ich schlafe jetzt erst und dann freue ich mich!)
Tags :